Welt am Sonntag:
Die Bewohner von Ebbinghof haben sich vorgenommen, aus ihrem Ort ein Energiedorf zu machen. Was heißt das denn?
Johannes Tigges:
Dass wir uns komplett selber mit Strom und Wärme versorgen. Im kommenden Jahr sind wir so weit.
Und wie stellen Sie das an?
Tigges:
Wir haben hier schon lange eine Windkraftanlage und Fotovoltaik auf vielen Dächern. Das bauen wir noch aus, außerdem haben wir gerade mit dem Bau einer Biogasanlage begonnen, die geht Ende des Jahres in Betrieb - und verwertet ausschließlich Mist und Abfälle, keine extra dafür angebauten Feldfrüchte. Als Nächstes bauen wir ein Nahwärmenetz, also die Rohre, die die Anlagen und die Höfe miteinander verbinden. Dann wird der Ölkessel abgeklemmt.
Wer sind denn die Ebbinghofer?
Tigges:
Es gibt hier fünf Höfe, fünf Familien, 30 Einwohner und 90 Gästebetten. Außerdem 1500 Sauen, über hundert Milchkühe und 18 Pferde. Und natürlich noch Schafe, Ziegen, Hasen, Hühner - was halt auf einem Bauernhof so rumläuft.
Und diese fünf Familien haben sich zusammengetan und gesagt, jetzt machen wir ein Energiedorf?
Tigges:
Die Familien hier ziehen schon seit 725 Jahren an einem Strang. Und als wir im vorigen Jahr überlegt haben, welches Thema wir zum 725-Jahr-Jubiläum angehen, kamen wir auf das Energiedorf.
War es schwierig für Sie, sich in die Materie einzuarbeiten?
Tigges:
Wir haben uns natürlich beraten lassen. Irgendwann kamen Fachleute der Energieagentur NRW bei uns vorbei, und die sagten: Ihr schafft das, wir helfen euch.
Sie selber betreiben ein Familotel. Sind Ihre Gäste nicht irritiert, wenn sie modernste Technik sehen anstatt Bauernhof-Idylle anno dazumal?
Tigges:
Im Gegenteil. Unsere Gäste fragen mich jetzt schon manchmal: Womit heizt du eigentlich? Und da musste ich bisher leider immer noch sagen: mit Öl. In Zukunft werde ich denen sagen können: Bei uns macht ihr CO2-freien Urlaub.
Sie können also bald die Stromleitungen kappen?
Tigges:
Das könnten wir, aber das machen wir nicht, weil wir manchmal mehr Energie produzieren, als wir benötigen. Die müssen wir ja loswerden. Und theoretisch können wir auch beim CO2-Emissionshandel gute Nebenverdienste machen.
Am 4. und 5. Juli feiert Ebbinghof Dorffest mit Energieausstellung und Bauernmarkt. www.ebbinghof.de
Quelle: 28.06.2009 - Welt am Sonntag (Das Gespräch Führte Andreas Fasel)